Tomatenanzucht

Warum Tomatenpflanzen selbst vorziehen?

Die Anzucht eigener Tomatenpflanzen aus Saatgut schafft nicht nur die Genugtuung selber etwas geschaffen zu haben, man begleitet die Pflanze von Beginn an und kann das Wachstum beobachten. Außerdem bietet die eigene Anzucht die Möglichkeit Saatgut von Sorten zu verwenden, die man als Pflanze nie oder nur selten bekommen kann.

Aussaat

Saatgut können Sie aus dem Handel beziehen. Dann haben Sie sicher kein Problem die gewünschten Sorten zusammen zu bekommen. Da ich mein Saatgut, insbesondere für Tomaten selbst gewinne, muss ich allerdings darauf achten, dass ich nur samenechte Sorten zur Aussaat bringe. D.h. es dürfen keine F1-Hybriden dabei sein, die als Samengrundlage gedient haben. F1-Hybride fallen, wenn sie erneut ausgesät werden, als neue Pflanze wieder in ihre Urform zurück. Beispiel Stiefmütterchen: im Handel bekommt man Stiefmütterchen mit riesengroßen, zum Beispiel gelben oder blauen Blüten. Werden da Samen gewonnen und erneut ausgesät, erhält man kleinblütige Pflanzen mit sehr vielen Farben. Die Urform.

Saatgutquellen für samenechte Tomatensorten sind: gute Freunde, Saatgutbörsen, die Obst- und Gemüseabteilungen des Lebensmittelhandels, das Internet, eigene Nachzuchten, alternativer Gartenbau, sofern Tomatenpflanzen angeboten werden und nicht zuletzt das Saatgutangebot im örtlichen Gartencenter. Auch hier kann man fallweise samenechte Sorten bekommen. Wie erkenne ich diese nun? Entweder man kennt die Sorte und weiß, dass sie samenecht ist oder man schaut auf der Tüte nach, ob irgendwo ein Hinweis auf F1-Hybride zu finden ist. Ist das nicht der Fall und sind außerdem mehr als 6-8 Samenkörner in der Packung, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich hier um samenechtes Saatgut handelt. Die Gewinnung von Saatgut behandele ich am Ende, wenn wir zur Ernte kommen.

Der Zeitbereich für die Aussaat ist Ende Februar bis Mitte März.

Als Substrat für die Aussaat verwende ich Aussaat- und Anzucht-Erde.
Diese Erde ist nur wenig gedüngt und außerdem soll sie steril sein. Das kommt den kleinen Wurzeln entgegen, die mit großen Düngermengen noch nicht zurecht kommen. Aufgedüngte Erde könnte die jungen Wurzeln braun werden und verkümmern lassen.

AussaaterdePflanzerde
Stickstoff [mg/l]140300
Phosphat [mg/l]140240
Kalium [mg/l]200280
Magnesium [mg/l]100150
Schwefel [mg/l]400160

Als Aussaatgefäß benutze ich eine Saatschale ca. 35x20x6 cm. Sie können aber auch andere Gefäße benutzen in denen Sie eine ca. 5 cm hohe Substratsschicht ausbringen können. Die Gefäßkante sollte nicht wesentlich oberhalb der Substratoberfläche liegen, damit das Tageslicht ungehindert Zugang hat.

Für die Aussaat wird das Substrat gleichmäßig ca. 4-5cm hoch eingefüllt, verteilt und leicht angedrückt. Mit einem kleinen Kantholz ziehe ich durch leichtes Hin- und Herrutschen im Abstand von 20 – 30mm Furchen in das Substrat.

Entlang dieser Rillen bringe ich mein Saatgut aus und markiere die Reihen um Sortenverwechslungen zu vermeiden (preiswertes Schildermaterial: gereinigte Quarkbecher). Ist alles Saatgut ausgebracht, können die Reihen leicht mit Erde abgedeckt werden, aber wirklich nur ganz leicht. Danach wird das Substrat über dem Saatgut etwas angedrückt.

Das Substrat soll zum Keimen nur etwas mehr als Erdfeuchte haben. Es wird daher nur leicht gewässert, am besten mit einem Gießball. Es darf keine Staunässe entstehen.

Danach wird das Ganze mit einer Glasscheibe abgedeckt und an einen warmen Platz auf der Fensterbank gestellt.

Unter guten Bedingungen erkennt man nach weniger als einer Woche die ersten Spitzen, die aus den Samen hervorbrechen. Ab Tag Nummer drei nach der Aussaat sollte man also regelmäßig kontrollieren. Sobald die ersten Spitzen sichtbar sind, sollte man wachsam sein und sobald die Keimblätter an die Glasplatte stoßen, diese abnehmen und beiseite stellen. Ab sofort muss darauf geachtet werden, dass das Substrat nicht austrocknet.

Zum Gießen hat sich bei mir der Gießball bewährt.

Damit kann man sehr gut die Wassermenge dosieren und gleichzeitig verhindern, dass man mit dem Gießwasser die Sämlinge erschlägt. Den Gießball habe ich über das Internet bezogen.

Achtung Vergeilung

Zu warm? Hell und kühler stellen.

Ab jetzt heißt es aufpassen! Wird es den jungen Pflanzen zu warm wachsen sie zu schnell und es bilden sich lange, dünne, labile Triebe. Das lässt sich steuern, indem die Saatschale an einen kühleren aber hellen Ort gestellt wird.

Samenhüllen an Keimblättern können bleiben, die Pflanzen stoßen sie selber ab. Abzupfen kann die Pflanze zerstören.

Tag sieben nach der Aussaat. Manche Sorten haben schon gut gekeimt, andere brauchen noch etwas Zeit.

Pikieren


Nach einigen Wochen, sobald das dritte und das vierte Blatt sichtbar sind, sie sollten dann annähernd die Größe der Keimblätter haben, die Keimblätter zählen als Blatt eins und zwei, müssen die Sämlinge pikiert werden.

Als Substrat verwende ich Gärtner- Erde vom HEPHATA Garten-Shop am Benninghofer Weg in Mettmann.

Die Erde wird in 6 cm Kunststofftöpfe gefüllt und ein paar Mal leicht aufgestoßen, damit sie sich setzen kann. Anschließend wird bis zum Boden ein Loch in die Mitte gebohrt und der Sämling so tief wie möglich, die Keimblätter sollten
allerdings noch heraus gucken, in die Erde gesetzt und angedrückt.
Tomaten sind in der Lage aus dem Stamm bzw. Stengel Wurzeln zu treiben. Tomatensämlinge können sich in der Aussaatschale miteinander verwurzelt haben. Um nicht zu viele Wurzeln zu beschädigen schneide ich zwischen den Reihen durch und
ziehe vorsichtig die kleinen Wurzelballen auseinander. Dabei hilft es ein wenig zu schütteln und die Wurzelballen der verhakten Pflanzen auf die Pflanzunterlage fallen zulassen. Dabei lösen sich die Wurzeln voneinander und können getrennt werden. Die längsten Wurzeln, ein bis zwei, werden mit Daumennagel und Zeigefinger abgeknipst. Dies dient der besseren Wurzelverzweigung.
Danach ist noch zu wässern, feucht aber nicht nass.
Auch auf Schädlinge, wie weiße Fliege, sollte geachtet und vorbeugend Gelbtafeln aufgehangen werden. Ebenso ist die Temperatur zu beobachten und ggf. durch Schattierung für Kühlung zu sorgen.

Einige Wochen (2-4) nach dem Pikieren kann man mit einer leichten Düngerlösung den Pflanzen beim Wuchs nachhelfen. Dazu nehme ich Flüssigdünger in halber Konzentration und spritze mit dem Gießball etwas von der Lösung an die Pflanze.

Der Tomaten und Gemüsedünger von Neudorf ist ein Vinasse-Dünger und wird als flüssige Lösung ausgebracht. Vinasse soll ein Rückstand aus der Zuckerrübenverarbeitung sein.

Eine Packung reicht für 100 l Gießwasser. Etwas Vergleichbares gibt es auch in Großgebinden von der Baywa. Der Preisunterschied liegt im Verhältnis ca.
sieben Euro zu zwei Euro pro Liter.

Kultur


Sobald die Gefahr von Nachtfrösten vorüber ist, was nach den Eisheiligen der Fall sein sollte, können die Jungpflanzen an Ort und Stelle gepflanzt werden. Sinnvoll für den Standort sind gute Sonneneinstrahlung und Witterungsschutz sowie eine Möglichkeit Pflanzen in der Höhe anzubinden.
Als Substrat für Kübel nutze ich 1/3 Erde vom Vorjahr, 1/3 Kompost, 1/3 Gärtnererde,
Wenn man größere Mengen an Substrat benötigt, ist das auch immer eine Frage, wo bekomme ich diese Mengen her und wo lasse ich sie hinterher. Das hat mich dazu bewogen die vorstehende Mischung auszuprobieren und in den letzten Jahren bin ich gut damit gefahren.

Als Gefäße nutze ich schwarze Kunststoffkübel vom Format ca. 40×40 cm.

Beim Pflanzen fülle ich zunächst: 2-3 Finger breit Erde ein. Der Wurzelballen wird durch Eintauchen gut gewässert.
Zusätzlich zu der vorgenannten Mischung setze ich noch beim
Pflanzen Hornmehl ein. Das Hornmehl gebe ich seit neuester Zeit mehr am Rand des Pflanzgefäßes zu, damit die Pflanze insbesondere die Wurzeln einen Anreiz haben sich in diese Richtung zu bewegen. Eine kleinere Menge gebe ich allerdings auch direkt an den Wurzelballen. Wichtig ist den Wurzelballen vor dem Pflanzen in Wasser zu tränken. Ein schlecht getränkter Wurzelballen wird hinterher nie mehr richtig feucht. Auch hier gilt wieder, so tief wie möglich einpflanzen. Die Menge an Hornmehl ist in etwa das, was man zwischen fünf Fingerspitzen halten kann und das etwa ein bis zweimal. Hat man zu viel gedüngt, sieht man das hinterher an den unteren Blättern. Sie werden riesengroß und sind stark gewellt.

Bei der Pflanzung im Gewächshaus und Freiland bringe ich zunächst eine Schicht halb verrotteten bis verrotteten Kompost aus. Der wird mit der Grabegabel etwas untergearbeitet. Auf Umgraben im klassischen Sinne verzichte ich aus Gründen der Bodengare. Danach wird die Fläche einigermaßen plan gezogen. Gepflanzt wird dann im Abstand von mindestens 60 cm zur nächsten Pflanze. Dazu wird ein tiefes Pflanzloch ausgehoben. In das Pflanzloch kommen eine Hand voll Kompost und etwas Hornmehl. Wenn die Pflanze im Pflanzloch steht, sollte das Bodenniveau mindestens eine Hand breit über dem Wurzelballen liegen, bevor mit Erde und etwas weiterem Hornmehl aufgefüllt und festgedrückt wird. Es bietet sich an, beim Pflanzen eine Giessmulde auszubilden, damit beim Gießen das Wasser nicht wegläuft und stattdessen zur Wurzel gelangt. Alternativ kann man mittelgroße Blumentöpfe in Wurzelnähe einsetzen, in die man das Gießwasser oder später Düngerlösung einbringt. Röhren aus Ton, Kunststoff (Abschnitte von Abwasserrohren), Edelstahlrohrabschnitte können zum gleichen Zweck eingesetzt werden. Ein paar Tage nach dem Pflanzen gebe ich zu jeder Pflanze noch etwas Rindermist (als Pellets).
Auch wird es jetzt dringend notwendig die Pflanzen mit Stöcken zu versehen, damit sie beim weiteren Wachstum angebunden werden können. Es schützt sie auch vor Beschädigungen oder Abknicken. Es ist hilfreich, wenn man die Stäbe im oberen Bereich irgendwo fixieren kann, da die Pflanzen, wenn sie gut tragen, sehr schwer werden können und die Stöcke die Last alleine nicht halten können.

Kultur, allgemein

Regelmäßig giessen, nicht trocken werden lassen.
Regelmäßiges Gießen ist wichtig, da die Pflanzen und auch die Früchte selber zum größten Teil aus Wasser bestehen. Hält man die Pflanzen zu trocken und gießt dann wieder, saugt sich die Pflanze voll was dazu führt, dass die Haut der Tomaten platzt, da das Fruchtfleisch eine plötzliche Volumenausdehnung erfährt, die die Haut aber nicht mitmacht.
Alle Stabtomaten im Gegensatz zu buschig wachsenden Typen müssen ausgegeizt werden. Nach einiger Zeit des Wachstums, mitunter auch schon vor dem Pflanzen, entwickeln sich aus den Blattachseln Nebentriebe. Idealerweise bricht man diese Nebentriebe aus, sobald man sie mit zwei Fingern greifen kann. Größere Nebentriebe schneidet man mit einem scharfen Messer (Cuttermesser) heraus. Damit verhindert man, dass zu viel Kraft in die Pflanze geht, anstatt in die Früchte. Hierzulande erreicht eine Stabtomate maximal 5-7 Fruchtstände. Meine Beobachtung ist, auch wenn ich eine Tomate zweizügig wachsen lasse, mehr als die 5-7 Fruchtstände habe ich deswegen trotzdem nicht.
Tomaten sind Starkzehrer. Sie brauchen also viel Nährstoff. Nach der Pflanzung erhalten die Tomaten alle 4-6 Wochen eine Düngung mit Flüssigdünger. Da bedarf es allerdings auch ein wenig des Fingerspitzengefühls. Es sind ja bereits Düngergaben im Boden vorhanden und zu viel ist genauso schlecht wie zu wenig. Da hilft nur die Pflanze beobachten, insbesondere das Blattwachstum, die Stammstärke und die Fruchtgröße. Daran wären dann die Düngergaben auszurichten.
Die unteren Blätter am Stamm sollten entfernt werden, damit diese Blattebene beim Gießen nicht mehr feucht werden kann. Dies dient auch zur Vermeidung von Braunfäule.
Beim Ernten sollten Früchte für die Samengewinnung sichergestellt werden
Viele Tomatensorten haben fast so etwas wie eine Sollbruchstelle am Stiel. Diese Sorten lassen sich durch einfaches Kippen von der Pflanze trennen. Viele der alten Sorten bilden aber sehr kräftige Stiele aus, die man nur mit der Gartenschere durchtrennen kann.

Samengewinnung Tomate


Gut ausgereifte, große, bilderbuchmäßige Früchte verwenden. Am besten die, die zuerst reif werden.
Kerne mit Teelöffelstiel herauskratzen, in kleines Glas geben, etwas Wasser und eine Miniprise Zucker zugeben und abgedeckt warm stehen lassen.
Gärungsprozess!
Die Gallerte verflüssigt sich.
Das Gärgut sollte nicht länger als ca.36h stehen, da sonst vorzeitige Keimung einsetzen kann.

Sobald sich die Kerne annähernd aus der Gallerte gelöst haben, Gärgut in ein hohes Glas geben und mit kräftigem Wasserstrahl auffüllen. Kerne sinken schnell nach unten. Überstehendes Wasser abgießen. Einige Male wiederholen, bis das überstehende Wasser klar ist. Zum Schluß in ein Sieb geben. Kerne im Sieb ggf. mit dem Finger unter Fließwasser etwas nachwaschen. Siebinhalt auf Küchentuch klatschen, auseinanderstreichen und trocknen lassen. Mehrmals wenden um Ankleben zu verhindern.
Wenn der Gärprozeß gut gelaufen ist, nehme ich mit einer Injektionsspritze eine Probe von der Flüssigkeit, bewahre sie kühl auf und impfe den nächsten Gäransatz mit ein paar Tropfen dieser Flüssigkeit. Der Gärprozess läuft dann noch besser und ist meist nach ca. 24h abgeschlossen.
Eine weißliche Haut über dem Gärgut ist nicht von Nachteil!


Probst/03.04. 2020

Überarbeitet 8.2.24